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Kunstvoll gestaltete Frömmigkeit

[Artikel vom 13.12.2024]

Fatschenkindl vor dem Rosenbogen, 1. H. 19. Jh., Wachs, Textil, Holz, Metall, Glas, Papier, getrocknete Pflanzen, Museum Wasserburg Inv.-Nr. 160 © Museum Wasserburg.
Fatschenkindl vor dem Rosenbogen, 1. H. 19. Jh., Wachs, Textil, Holz, Metall, Glas, Papier, getrocknete Pflanzen, Museum Wasserburg Inv.-Nr. 160 © Museum Wasserburg.

Fatschenkindl vor dem Rosenbogen - Vom sakralen Andachtsbild zum bürgerlichen Weihnachtsschmuck in der Adventszeit

Das Fatschenkindl vor dem Rosenbogen, das in der weihnachtlich geschmückten Dauerausstellung im Museum Wasserburg noch bis zum 6. Januar ausgestellt ist, zeigt eine liegende Figur mit Wachskopf in einem gläsernen Schaukasten. Ihr Körper ist mit Spitze verzierten weißen Seidenbändern umwickelt und ruht lose auf einem roten Samtkissen mit ornamentierter goldener Borte. Im Hintergrund wird sie von einem metallenen Bogen mit Rosenblüten umspannt.
 
Die Darstellung folgt dem Typus der sog. Fatschenkindl. Bevor Krippen Einzug in private Haushalte gefunden haben, stellte man diese in der Weihnachtzeit als Nachbildungen des kleinen Christuskindes auf. Der Körper war entsprechend des damaligen Brauchtums mit Stoffbändern eingewickelt – gefatscht –, während der Kopf meist aus Wachs bestand. Je nach Region verwendete man für die Herstellung unterschiedliche Materialien. Ursprünglich im 17. Jahrhundert aus Italien nach Bayern kommend, war das Fatschenkindl in Frauenklöstern als persönliches Andachtsbild verbreitet – die Ordensfrauen fertigten die kunstvollen Puppen selbst in Handarbeit an. Das älteste und bekannteste Fatschenkindl in Bayern ist das Münchner Augustinerkindl, das als Gnadenbild hochverehrt wurde und wohl als Vorbild für alle weiteren diente. Ab dem 18. Jahrhundert gelangte das Fatschenkindl dann über die Kirchengemeinden in das Kulturgut des Bürgertums. Für die bürgerlichen Familien wurde es zum Mittelpunkt des Geschehens am Heiligen Abend.
 
Das filigran gestaltete Kunstwerk des Fatschenkindls vor dem Rosenbogen konnte noch bis vor wenigen Jahren nicht in Ausstellungen des Museums Wasserburg präsentiert werden, da es schwere Beschädigungen aufwies. So war das Gewebe der weißen Seide um den Körper des Kindes teilweise verloren, die Borten um die Kissen waren gelockert und aufstehend. Auf dem Schaukastenboden befanden sich zahlreiche vom Bogen gelöste getrocknete Pflanzenteile. Sämtliche Materialoberflächen waren erheblich verschmutzt, die Glasinnenseite des Kastens wies einen milchig trüben Belag auf. Die Vergoldung auf der hölzernen Profilleiste des Schaukastenbodens war großflächig abgerieben, zudem fanden sich zahlreiche Kratzer und Kerben. Die vergoldeten, geprägten Papierstreifen entlang der Glasscheiben waren ausgebrochen, teilweise ganz verloren. Dadurch war der Zusammenhalt der einzelnen Glasscheiben sehr geschwächt, so dass einige Scheiben in der Vergangenheit behelfsmäßig mit Tesafilm gesichert wurden. Eine auf Wachsobjekte spezialisierte Restauratorin beseitigte in einem größer angelegten Projekt im Jahr 2020 in viertägiger Kleinstarbeit die Schäden an jedem einzelnen Bestandteil des Kunstwerks, so dass es in seiner vollen Pracht den Museumsbesuchenden wieder gezeigt werden kann.

 

www.museum.wasserburg.de