Ein Fotobuch von Dr. Wilhelm "Kuli" Kulhanek
Dr. Wilhelm Kulhanek kam im Februar 1946 als Heimatvertriebener mit seiner Familie nach Wasserburg. Kulhaneks Geburtsort Peterswald in Mähren-Schlesien gehörte aufgrund des politischen Weltgeschehens erst zu Österreich, danach zur Tschechoslowakei, dann zum Deutschen Reich und schließlich zur Tschechischen Republik. Durch den ständigen „Besitzerwechsel“ der Heimat wurde der ausgebildete Mediziner 1945 zum Staatenlosen und er flüchtete mit seiner jungen Familie nach Deutschland, wo sie nach Wasserburg geschickt wurden. Die Heimatvertriebenen erwartete ein kühler Empfang.
Trotzdem schlug Dr. Kulhanek sofort Wurzeln: erst praktizierte er im städtischen Krankenhaus als Assistenzarzt, dann in den DP-Lagern Gabersee und Attel. Kurz darauf baute er sich seine eigene Arztpraxis auf und engagierte sich in zahlreichen Vereinen, wie dem Roten Kreuz, dem TSV 1880, dem Jagdverband, der Soldaten- u. Kriegerkameradschaft Wasserburg/Inn und der Feuerwehr. Außerdem war Kulhanek Gründungsmitglied des Motorsportclubs Wasserburg e.V. im ADAC sowie des Lions-Clubs Wasserburg/Inn. Seine rege Tätigkeit honorierten die Wasserburger, als sie ihn für die Amtszeit 1972 bis 1978 in den Stadtrat wählten. Der Heimatvertriebene war zu einer echten Wasserburger Persönlichkeit geworden.
Letztes Jahr erhielt das Stadtarchiv Wasserburg einen Teilnachlass von Dr. Wilhelm Kulhanek, aus dem die Archivalie des Monats Juni stammt: ein Fotobuch. Die ersten Bilder zeigen ihn, wie er sichtlich stolz ein Auto präsentiert. Dr. Kulhanek bemühte sich schon Ende der 1940er Jahre um einen eigenen PKW, um seine Patienten besser erreichen zu können. Er erhielt nach einigem Schriftverkehr eines der raren Fahrzeuge im Nachkriegsdeutschland, das im vorderen Bereich eigens mit einer Sirene ausgerüstet war. Der Teilnachlass von Dr. Wilhelm Kulhanek gibt einen interessanten Einblick in das Leben in Wasserburg in der Nachkriegszeit.
Mehr erfahren:
Eine ausführliche Biografie zu Dr. Wilhelm Kulhanek befindet sich im neuen ’Historischen Lexikon Wasserburg’.